Eine gute Frau



Ich habe mir kürzlich folgende Frage gestellt: Wie ist eigentlich eine gute Frau in Deutschland? Oder wann sagt man in Deutschland: "Das ist eine gute Frau?"

Ich stelle mir vor, was passieren würde, wenn man diese Frage in eine bunte Runde Frauen werfen würde. Dann würde vermutlich erst einmal die Frage kommen, "was heißt gut?". Ich denke, die Antwort wäre nicht so klar definiert. Ist die Frau gut, die möglichst lange bei ihren Kindern Zuhause bleibt? 
Ist es die, die arbeiten geht, um ihre Familie in finanziell stabilere Verhältnisse zu stellen? 
Ist es die, die sich gegen Kinder entscheidet, weil sie ihre Zeit in andere/s investieren will? 

Im Tschad ist die Antwort klarer definiert und findet nahezu 100%-ige Übereinstimmung. Bevor wir in unsere neue Nachbarschaft gezogen sind, habe ich versucht eine Antwort darauf zu finden. Ich fragte eine deutsche Frau, die schon seit ein paar Jahren hier lebt. Sie sagte: 
"Wenn du die Leute besuchst und sie regelmäßig grüßen gehst, dann werden sie von dir sagen, dass du eine gute Frau bist."
Mir hat es sehr geholfen zu wissen, dass dies sehr wichtig in dieser Kultur ist. Dabei ging es mir nicht darum, Anerkennung von den Menschen zu bekommen. Sondern als eine Frau wahrgenommen zu werden, die Interesse an ihnen hat und die sie auch "ehren" können.
Als wir dann einzogen, bekam ich täglich Besuch von Frauen, die mich grüßten und kennenlernen wollten. Naja, manche wollten auch nur sehen, in was für einem Haus wir wohnen und was sie von mir haben könnten. Aber egal: Sie kamen und grüßten mich, stellten sich vor. 
Ich tat es ebenso. Ich besuchte zunächst meine direkten Nachbarinnen, aber auch diejenigen, die ein paar Türen weiter weg wohnen. 
Meistens nahm ich einen oder beide Jungs mit. Wir wurden wahrgenommen von den Menschen auf der Straße. 
Hier gibt es viele kleine Läden, in denen man das Nötigste bekommt. Auch direkt um die Ecke bei uns gibt es so einen Laden. Einmal saßen dort zwei Männer, der Verkäufer und unser Nachbar, vor dem Laden auf der Straße. Als sie mich sahen, fragten sie mich, ob ich einkaufen ginge. Ich sagte: "Nein, ich gehe meine Nachbarn grüßen." Ihr Gesicht hellte sich auf und sie nickten zustimmend und sagten: "Das ist gut, das ist gut."
An einem anderen Tag, besuchte ich eine Freundin zum ersten Mal. Nach einigen Minuten war ihr "Wohnzimmer" voll von Familienangehörigen, die wahrscheinlich noch nie Weiße Zuhause sitzen hatten und die ebenfalls wissen wollten, wer wir sind. Diese Frau, die ich besuchte, hatte ich schon einmal bei einer anderen Frau, die ich grüßen ging, getroffen. Nun drehte sie sich zu ihrem Bruder rum und sagte über mich: 
"Das ist eine gute Frau. Ich habe sie bei meiner Freundin schonmal gesehen. Sie besucht die Menschen."
Es wurde warm um mein Herz. Es erfüllte mich mit Freude, dass ich im Ansatz verstehe, worauf es in dieser Kultur ankommt und dass ich durch meinen Besuch und meine Aufmerksamkeit einen Zugang zu den Menschen um mich herum bekomme und sie ehre. Durch die Besuche, baue ich nicht nur Beziehung, sondern lerne auch die Kultur und Sprache besser kennen. Ich schaue zu, wie sie mich bewirten und versuche es auch so zu machen, wenn ich Besuch bekomme. Ich beobachte sie bei anderen Dingen, stelle ganz viele Fragen. Und das schätzen sie. Es verändert ihr Bild, das sie von Weißen haben. 
Die meisten leben in ihrer "Bubble". Zum Beispiel die Botschafter, die für eine andere Arbeit hier hingekommen sind. Sie haben kein Interesse an den Einheimischen, ja, werden sogar gewarnt ihnen zu nahe zu kommen (keine öffentlichen Taxis nutzen, kein Marktbesuch, ect.). Das ist das Bild, was die Menschen hier haben. Wir sind wegen den Menschen hier. Weil wir Gott und ihnen in Liebe dienen und Gutes bringen wollen. Beziehungen bauen geht immer mit Vertrauensvorschuss einher. Wir wissen, dass wir enttäuscht werden können. Aber wir wissen auch, dass unser großer Gott durch Beziehungen, in die wir investieren, so viel tun kann. Viel mehr als wir es sehen. Weil die wichtigsten Dinge im Leben eines Menschen im Herzen passieren. Und dieses sieht nur unser Herr. 

Bildquelle: www.desiringgod.org/articles/well-behaved-women-rarely-make-history

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