Meine Haushaltshilfe


Wir waren gerade erst hier im Tschad angekommen, als wir ziemlich schnell unsere Haushaltshilfe kennenlernten. Eine junge Frau  (ca. 26 Jahre alt, so genau wissen das die Leute hier nicht), die schon einige Jahre bei einer Schweizer Familie gearbeitet hatte. So war sie schon mit den "komischen" Weißen vertraut und kannte sowohl Macken als auch Rezepte, die "die Weißen" mitbringen. 
Auf den Punkt gebracht: Sie war uns mit die größte Hilfe für unser erstes Jahr hier und ohne sie wäre es ganz bestimmt nicht so gut verlaufen. 
Von Anfang an hatte ich den Wunsch, von dieser Frau zu lernen (Kultur, Sprache, ...), aber auch umgekehrt diese Frau prägen zu können. Ich wusste, dass die Tatsache, dass sie sechs Stunden am Tag bei uns verbringt, das Potential hatte, in den verschiedenen Bereichen unseres Lebens (Familie, Ehe, Erziehung, Frau sein, Beziehung zu Gott) Vorbild zu sein. 
Die ersten Wochen, ja sogar Monate, kommunizierten wir mit Händen und Füßen. Sie spricht hauptsächlich Kenga, dann Arabisch und etwas schlechter als letzteres Französisch. Keine dieser Sprachen konnte ich (Französisch nur ein wenig) und so wuchs unsere Beziehung nicht nur mit der Zeit, sondern auch mit der Zunahme meiner Sprachkenntnisse. Das "managen" der Haushaltshilfe hat mich zwar am Anfang aus unter anderem diesem Grund viel Kraft gekostet (auch weil ich es überhaupt komisch fand, eine Haushaltshilfe zu haben), aber es hat sich gelohnt. Es ist Beziehung gewachsen. Wir sind unterschiedlich und wäre sie nicht meine Haushaltshilfe, hätte ich sie wahrscheinlich nie näher kennen gelernt. 
Vor einigen Wochen kam in mir der Wunsch auf, mit ihr gemeinsam in der Bibel zu lesen. Ich fragte sie und sie willigte ein (sie ist eine gläubige Frau aus der Gemeinde vor Ort). Ich suchte ein paar Verse aus, die mir morgens wichtig geworden waren und wir lasen zusammen. Die Woche darauf bat ich sie, etwas herauszusuchen. Folgende Verse suchte sie heraus:
"Zu der Zeit des Herodes, des Königs von Judäa, lebte ein Priester von der Ordnung Abija mit Namen Zacharias, und seine Frau war von den Töchtern Aaron, die hieß Elisabeth. Sie waren aber alle beide gerecht und fromm vor Gott und lebten in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig. Und sie hatten kein Kind; denn Elisabeth war unfruchtbar, und beide waren hochbetagt."
(Lukas 1, 5-7)
Direkt nachdem wir diese Verse lasen, schaute sie mich an und sagte: "Judith, bisher können wir keine Kinder bekommen. Ich möchte auch Kinder bekommen, so wie Elisabeth damals."
Wow! Noch nie hatten wir so offen darüber gesprochen. Dabei wusste ich, wie hart es für sie sein musste, in dieser Kultur mit 26 Jahren noch kein einziges Kind zu haben. Ich weiß, dass sie sich nicht mehr in ihr Heimatdorf traut, weil sie Schande und Scham über die Familie bringt. Ich weiß, dass die Familie ihres Mannes ihn drängt, sich eine andere oder weitere Frau zu nehmen, damit er Nachkommen hat. Es muss unglaublich hart sein. Wir beteten gemeinsam. 

Die Woche darauf waren wir gemeinsam auf dem Markt, an dem Tag an dem wir uns vorgenommen haben, in der Bibel zu lesen. So blieb leider keine Zeit mehr dafür. Als wir Zuhause ankamen sagte sie: "Judith, wir haben heute garnicht in der Bibel gelesen."
Ich: "Stimmt, du hast Recht. Wir machen es morgen." Gesagt - getan.
Nun nehmen wir gemeinsam das Lukasevangelium durch. Die Rahmenbedingungen sind nicht ideal. Es ist immer sehr ungewiss, wie gut es klappt, da ich mit den Kids alleine bin und wir erst am späten Vormittag dazu kommen, wenn Jamila knatschig und müde wird. Außerdem lesen wir in der arabischen Bibel, was größtenteils gut klappt. Aber gerade das Beten ist für mich auf Französisch und Arabisch (meistens ein Mix aus beidem...) einfach etwas völlig anderes als in meiner Muttersprache. 
Aber das sind nur die Rahmenbedingungen. Und die kann Gott selbst durch seinen Geist "sprengen" und auch durch aus unserer menschlich begrenzten Sicht Gutes hervorbringen. Lasst uns nicht immer warten, bis die Rahmenbedingungen perfekt sind. Bis wir mutig genug sind. Bis wir geistlich genug sind. JETZT ist die Zeit!

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