Die letzten 20 Meter sind die schwersten

In meinem Sportstudium habe ich das Modul "Leichtathletik" am meisten geliebt. Ich liebe es, zu laufen und zu springen und gerade in diesen Disziplinen kann man seine Fortschritte und Trainingseffekte so gut messen.
Für die Abschlussprüfung mussten wir unter anderem einen 800m-Lauf absolvieren. Damit man die 800m möglichst schnell läuft, war es wichtig, nicht sofort los zu sprinten, sondern seine Ausdauerkraft gut einzuteilen. Ich trainierte viel für diesen Lauf und so schaffte ich es, den Großteil der Strecke ein zügiges gleichmäßiges Tempo zu laufen. Ich hängte mich an die zwei schnellsten Läuferinnen und nahm mir vor, die letzten Meter noch einmal Vollgas zu geben und einen Sprint hinzulegen. Tatsächlich reichte meine Kraft dafür aus und ich überquerte als erste die Ziellinie. 
Aber die letzten Meter waren die härtesten.



In wenigen Tagen ziehen wir als Familie an einen Ort etwas außerhalb der Hauptstadt. Wie ihr wisst, sind wir hier, um Gott zu dienen und den Menschen ein Segen zu sein. Dazu wollen wir unbedingt Beziehung zu ihnen aufbauen. Aber um ehrlich zu sein, kostet mich das manchmal ganz schön Überwindung. Zuhause gibt es fast immer so viel zu tun und aufzuräumen. Die drei Kids beanspruchen mich. Und außerdem: Was kann ich aktuell schon bringen? Ich verstehe die Nachbarn kaum, sie mich nicht. Ich trete in kulturelle Fettnäpfchen und komme mir vor wie ein Kleinkind, das sprechen lernen muss. Es wäre wirklich bequemer, einfach Zuhause zu bleiben. 
Es ist ein bisschen wie der 800m-Lauf. Wir sind im letzten Jahr so viele Schritte gegangen. Wir sind mehrmals umgezogen innerhalb von wenigen Monaten, haben unseren Haushalt zum größten Teil aufgelöst, Familien und Freunden "Tschüss" gesagt und sind mit Sack und Pack in den Flieger gestiegen. Jetzt sind wir hier, so nah dran an den Menschen, wegen denen wir hier sind. Und dann spürt man: Die Schritte werden schwerer. Der Wille ist da. Du willst Beziehungen bauen. Nimmst dir fest vor, deine Nachbarin zu besuchen. Aber du weißt, dass sie Weiße nicht gewohnt sind. Dass sie ein verzerrtes Bild von dir haben. Dass Vertrauen wachsen muss und dass das Jahre dauern kann. 
Die letzten 20 Meter sind die schwersten. Endlich so nah dran und dann doch so schwer. 
Kennst du das?
Du nimmst dir fest etwas vor, gehst Schritte in diese Richtung und dann sind die letzten Meter doch so schwer?
Ich wünsche mir so sehr, dass ich mich immer wieder überwinden kann, die letzten 20 Meter zu gehen. Weil ich glaube, dass ich etwas zu geben habe. Weil ich glaube, dass ich einen großen Gott auf meiner Seite habe, der mir vorausgeht und durch dessen Kraft ich diese Dinge tun kann, dir mir manchmal schwer fallen. Ich wünsche mir, einmal wie Paulus sagen zu können: "...ich habe den Lauf vollendet..." (2. Timotheus 4, 7).
Wo führen deine letzten 20 Meter dich gerade hin? Führen sie dich in eine Situation, für die du besonders viel Mut brauchst?
Sei dir bewusst, dass wenn du versuchst, ein Leben zu leben, dass Jesus ehrt, er mit dir läuft. Er lässt dich nicht alleine in den Situationen deines Alltags. Er hat jedes Haar auf deinem Kopf gezählt. Du bist ihm wertvoll!

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