Kulturstress



Die letzten Wochen war ich dünnhäutig. Ich war schnell gestresst und fragte mich manchmal, was es denn jetzt eigentlich genau ist, das mich auf die Palme bringt. Irgendwann merkte ich, dass es vor allem in Situationen mit den Kindern und mit Einheimischen war. 

Es stresst mich, wenn ich spontan Besuch bekomme, unser Hof aussieht wie ein unaufgeräumtes Kinderzimmer und ich die Matte (die Tschader sitzen immer auf einer Matte auf dem Boden) suche, während meine Kinder aufgeregt hinter mir her rennen. Gleichzeitig rufe ich die Begrüßungsfloskeln meinem Besuch zu, der sich wohl fühlen soll bei uns Zuhause.
Es stresst mich, wenn Jamila dann mit ihrer sandigen und dreckigen Hand in die Schüssel mit Wasser fasst, aus der die Einheimischen normalerweise trinken. 
Es stresst mich, wenn die Kinder Aufmerksamkeit einfordern, während ich versuche, mich mit Einheimischen zu unterhalten in einer Sprache, die ich gerade erst lerne und die meine Konzentration erfordert.
Es stresst mich, wenn meine Kinder etwas machen und die Einheimischen sagen " Lass sie, lass sie...", obwohl sie ihre eigenen Kinder dafür hart bestrafen würden.
Es stresst mich, wenn eins meiner Kinder weint und die Einheimischen sagen "Hör auf, hör auf!", weil Weinen in dieser Kultur unterbunden wird.
Es stresst mich, die indirekte Kommunikation dekodieren zu müssen und manchmal einfach nicht zu wissen, wie es gemeint war (z.B. Hat sie mich jetzt noch auf einen Tee eingeladen oder will sie eigentlich, dass ich jetzt wieder gehe?).
Es stresst mich, wenn...




Ich merkte irgendwann, dass ich jetzt mal innehalten muss, um mir bewusst zu machen, was es genau ist, das mich stresst.
Wir sind nun fast ein Jahr im Tschad und ich kann nicht sagen, ob ich einen "Kulturschock" hatte. Ich weiß aber, dass diese "Stresssituationen" auch ein Teil meines Kulturstresses sind, den ich hier erlebe. Meine Kinder sind mir unglaublich wichtig und ich wünsche mir von Herzen, dass sie nach der Beziehung zu Jesus und zu Jano meine absolute Priorität hier sind. Die Einheimischen aber sind mir auch sehr wichtig und in diesen Stresssituationen treffen zwei Bereiche, die gerade in meinem Leben eine hohe Priorität haben, aufeinander. Sie stehen nicht automatisch im Konflikt zueinander, manchmal aber eben schon. 
Ich will lernen, innerlich ruhig zu bleiben. Ruhig und friedvoll zu handeln. Ich glaube, dass das möglich ist, weil Jesus in mir lebt. Seiner Gegenwart will ich mir bewusst sein. Ich will mir bewusst machen, dass meine ruhige ausgeglichene Art dazu führt, dass Einheimische sich wohl fühlen. 
Ja, wir sind anders! Ja, meine Kinder erziehe ich anders. Dazu stehe ich.  
Meine Kinder sind mir ein großer Türöffner und meine Identität als Mutter verbindet mich hier mit vielen Frauen. Ich wünsche mir, dass wir als Familie auch Vorbild sein können darin, wie wir Familie leben und gestalten. Doch dazu braucht Jesus Raum in uns. Seiner Gegenwart will ich mir wieder mehr bewusst sein. Gemeinsam mit ihm will ich diese kleinen vielen Alltagssituationen meistern. Und wenn ich wieder einmal in einer herausfordernden Situation bin, will ich sagen können: "Jesus, du siehst jetzt, dass ich nicht recht weiß, wie ich diese Situation durchstehen soll. Ich wünsche mir, den Einheimischen Zeit zu schenken, weiter Kultur- und Sprache kennenzulernen. Aber ich möchte auch für meine Kinder da sein und ihnen eine geduldige Mutter sein. Das schaffe ich ohne dich nicht. Bitte nimm mich an deine Hand und geh mit mir durch diese Situation. Fülle mich mit deinem Frieden und mit deiner Freude!"

Welche Situationen stressen dich? 
Bist du dir Jesu Gegenwart bewusst? Wenn er dein Herr ist, dann musst du solche Situationen nicht alleine erleben, sondern darfst getrost auf seine Hilfe hoffen!

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